Die Erinnerung, dass Gott die bleierne Zeit der Sklaverei durchbrach, wird zum inneren Kern
der Zeit und gestaltet den Rhythmus des Jahres: Aus den alten Frühlingsfesten der
ungesäuerten Brote und der Frühlingslämmer wird das Paschafest, Ostern, das an den Auszug
aus Ägypten erinnert. Aus dem alten Fest der Erstlingsgaben der Ernte wird das Wochenfest,
Pfingsten, zum Gedenken an die Gottesbegegnung der befreiten Sklaven am Berg Sinai, zur Feier der "Gabe
der Tora", der Weisung Gottes.
(2) Der Glutwind der Befreiung. Die Worte, die nach der Hebräischen Bibel Gott "Angesicht zu Angesicht, mitten aus dem
Feuer" an das Volk richtet, werden am Pfingstfest in der Synagoge verlesen: das Zehnwort
vom Sinai, die zehn Gebote (Deuteronomium 5,6-21):
I Keine andere Gottmacht vor mir wird für dich sein.
II Kein Kultbild wirst du dir machen und dich nicht verneigen vor ihnen und ihnen nicht dienen.
III Auf keinen Wahn wirst du den Namen deines Gottes ICH-BIN-DA übertragen.
IV Wahre den Tage der Feier, ihn zu heiligen, wie ICH-BIN-DA, dein Gott, dir gebot.
Sechs Tage diene und verrichte alle deine Arbeit,
aber der siebente Tag ist Feier für ICH-BIN-DA, deinen Gott:
damit ausruhe dein Knecht und deine Magd ganz so wie du,
gedenke, dass du Knecht warst im Land Ägypten.
V Ehre deinen Vater und deine Mutter.
VI Morden wirst du nicht.
VII Ehebrechen wirst du nicht.
VIII Stehlen wirst du nicht.
IX Falschaussagen wirst du nicht als Zeuge gegen deinen Nächsten.
X Begehren wirst du nicht all das, was deines Nächsten ist.
Das Zehnwort vom Sinai atmet den Glutwind der Befreiung: Die ehemaligen Sklaven, den
Göttern Ägyptens dienstbar gemacht, dem Unsterblichkeitswahn vermeintlicher Gottkönige
geopfert, erhalten eine Weisung zum Leben: die Unterbrechung aller Arbeit durch Zeiten der
Feier, die Ehre der Alten, deren Arbeitskraft verbraucht ist, der Schutz der Rechte, die Freie
von Sklaven unterscheiden, auf Leben, Familie und Eigentum. Im babylonischen Talmud
(bPessachim 68b) heißt es:
Nach der Leseordnung der katholischen Kirche werden die Verse 1-11 aus dem zweiten Kapitel der Apostelgeschichte am Pfingstfest gelesen.
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